Peter Teffer entlarvt die Lobbyarbeit bei der EU: ‘Uber & Co investieren stark’

2020-02-11 Brüssel: Mit der thrillerartigen Publikation “Dieselgate: Wie die Industrie betrog und Europa scheiterte” (2017), deckte der Enthüllungsjournalist Peter Teffer (38) die Beziehung zwischen der “Brüsseler Blase”, wie die Eurokratie genannt wird, und der listigen Lobbyarbeit der Autoindustrie auf. Demnächst erscheint “Sieht so aus, als ob Washington das tut” – Wie Lobbyisten Brüssel im Griff haben.
Daß Neelie Kroes sich nach ihrem Mandat als Handelskommissarin von Uber als Mitglied des politischen Beirates von Uber hat “verdrehtüren” lassen, wussten wir bereits, bevor wir diese website hier starteten. Was wir nicht wussten, sind z.B. die Summen, die Uber in den Apparat gesteckt hat, um für sich ein günstiges Klima zu kaufen. Wir übersetzten einen Auszug aus dem Interview, welches das Brüsseler online-mag “Bruzz” mit Peter Teffer führte:

translating service

Es ist jedoch bemerkenswert, dass die Beratungsunternehmen manchmal Arbeiten für die Abgeordneten ausführen, obwohl sie bereits über Assistenten verfügen. Ich bin manchmal von einer Beratungsfirma eingeladen worden, einen Abgeordneten zu einem Gesetzesentwurf über Düngemittel zu befragen. Später stellte sich heraus, dass die Lobbyorganisation der Düngemittelhersteller dahinter stand.

Sie zitieren die Uberlobbyarbeit, die eine EU-Kommissarin verführt hat.

Teffer: Ich wollte etwas über die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft demonstrieren, die zur Angelegenheit von EU-Kommissarin Neelie Kroes wurde (sie hatte das Wettbewerbsressort von 2004 bis 2010 und die Digitale Agenda von 2010 bis 2014, Hrsg.). Ab 2016 wurde sie Mitglied des politischen Beirats der internationalen Fahrdienst-Plattform Uber. Ich wollte auch zeigen, wie ein neues Unternehmen in einem neuen Sektor, der Sub-Wirtschaft, versucht, seine Interessen zu verteidigen. Und auch, wie es eine gewisse Verbindung zwischen einer politischen Bewegung und den Interessen dieses Unternehmens gibt. Kroes verteidigte Uber während ihres Mandats als EU-Kommissarin. Das Brüsseler Handelsgericht entschied, dass Uber gegen die Regeln arbeitete.

Kroes schrieb in ihrem Blog über die Entscheidung, das private Fahrdienstunternehmen Uber mit einer Geldstrafe zu belegen. “Sie forderte die Menschen auf, sich bei der damaligen Brüsseler ‘Antimobilitätsministerin’ – wie Kroes sie nannte – Brigitte Grouwels (CD&V) zu beschweren, die sich selbst verteidigte”, schreibt Teffer in dem Buch. Laut Grouwels bietet ein System der Selbstkontrolle – indem es die Benutzer von Uber als Referenz bei der Beurteilung des Fahrers nimmt – keine Sicherheit. Die Fahrer müssen über eine Lizenz verfügen und staatliche Auflagen erfüllen, so Grouwels. Kroes sagte, das sei Unsinn.

Teffer: Das wurde noch interessanter, als sie eineinhalb Jahre später bei Uber anfing zu arbeiten. Die Drehtür von der Politik zur Wirtschaft muss also im Auge behalten werden. Wer Politik macht, muss dem öffentlichen Interesse dienen, und wer für ein Unternehmen arbeitet, muss dem privaten Interesse dienen. Hat Kroes bereits an den Job bei Uber gedacht, als sie als EU-Kommissarin tätig war? Ich kann das nicht beweisen, aber es gibt Anzeichen dafür.

Sie graben tief, um die Lobbyarbeit transparent zu machen.

Teffer: Uber und andere Unternehmen haben in den letzten Jahren verstärkt in Lobbyingaktivitäten investiert. Aus offensichtlichen Gründen: strategische EU-Dokumente können Einfluss nehmen. In vier Jahren haben die Uberlobbyisten mit sieben EU-Kommissaren gesprochen und 59 Vereinbarungen mit der Europäischen Kommission erzielt, mehr als Apple, BMW oder Goldman Sachs. Im Jahr 2014 lag das Lobbying-Budget von Uber in Brüssel zwischen 50.000 und 100.000 Euro, 2016 betrug es 600.000 Euro und in den Folgejahren 900.000 Euro. Dieser Zeitraum fällt mit der Zeit zusammen, in der bei der Kommission strategische Dokumente über die Teilwirtschaft erarbeitet wurden.

Der Begriff der partiellen Ökonomie bringt uns auf die falsche Spur des blinden Vertrauens in die Innovation.

Teffer: Nach einer Weile änderte die Europäische Kommission den Begriff “sharing economy” in “collaborative economy”. Sharing oder Teilen klingt eher positiv, als ob man es tut, ohne eine Gegenleistung zu wollen. Während es Unternehmen sind, die Geld verdienen wollen, wie das börsennotierte Uber und die Mietstelle Airbnb. Sie haben ein Interesse daran, als eine Art hippieartige, glückliche, alternative Gesellschaft gesehen zu werden.

Die Europäische Kommission wollte ein Strategiedokument über die Sub-Wirtschaft erstellen und darüber, wo bestimmte Aufgaben liegen. Schließlich sehen wir oft, dass es unklar ist, ob bestehende Regeln aus der analogen Welt direkt auf digitale Dienste anwendbar sind. Uber wollte, wie andere Unternehmen der Sub-Wirtschaft, den Inhalt dieses Dokuments beeinflussen. Laut Uber könnten staatliche Kontrollen durch Überprüfungssysteme ersetzt werden. Letztlich enthält das Strategiepapier der Kommission zwar eine vage und unverbindliche Formulierung, dass Gesetze ersetzt werden können, aber es warnt auch vor den dunklen Seiten der Sub-Wirtschaft.

Was mir während der Lobbyarbeit, die ich recherchiert habe, aufgefallen ist, ist, dass es selten vorkommt, dass eine Partei alles mitnimmt. Es ist viel nuancierter. Das Ergebnis einer EU-Verordnung oder -Richtlinie ist oft das Ergebnis eines Kompromisses von Kompromissen, denn auf vielen Ebenen ist eine Mehrheit erforderlich: im Parlament, im Rat der EU, in dem große und kleine Mitgliedsstaaten sitzen und Ost, West, Süd und Nord Kompromisse eingehen müssen. Das Ergebnis von EU-Vorschriften ist oft eine Verwässerung des politisch Möglichen und nicht des Wünschenswerten.

Peter Teffer ontmaskert lobbywerk bij de EU: ‘Uber & co investeren sterk(Niederländisch, Bruzz, “Peter Teffer entlarvt die Lobbyarbeit bei der EU: ‘Uber & Co investieren stark’, 9. Februar)